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- Martin Schmalfuß & Laura Spieß
Process Management: Wie Automatisierungs-Disziplinen integrativ werden
Für Geschäftsprozesse lassen sich passgenaue Automatisierungslösungen „mixen“, denn: Robotic Process Automation (RPA) ist nur ein Erfolg versprechender Ausgangspunkt für Versicherungsprozesse wie Schadenabwicklung. Über RPA lassen sich verschiedene Automatisierungs-, Analyse- und Interpretations-Disziplinen hinweg integrieren. Neben Business Process Automation (BPA) verbessern integrative Lösungen nebst Künstlicher Intelligenz (KI) maßgeblich Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Wie KI – verschmolzen mit BPA und RPA – ein neues Kapitel in der Automatisierungstechnologie von Versicherern öffnet.
Business Process Automation: Komplexere Transaktionen bei vielfältigen Systemen
Automatisierungs-Plattformen und -Bots übernehmen zuverlässig Prozesse wie Dateneingabe bei Lastspitzen im Jahresendgeschäft der Kfz-Sparte – und das bei Bedarf rund um die Uhr. Check. Einmalig nutzen Assekuranzen Software-Roboter zur Datenmigration. Check. Oder die Risikoträger verwenden Plattformen und Bots wiederholt und längerfristig zum automatisierten Testing. Auch hier: Check!
Aber ist das schon alles?
Nein, die Ausgangslage für Prozessmehrwerte ist komplex: Muss ein Bot an dynamischen Interfaces Frontend-Eingaben vornehmen, findet er die benötigten Eingabefelder, die er mit Excel-Informationen zu befüllen hat, im schlimmsten Fall nicht. Das ist oft der Fall, wenn sich IDs oder Klassen geändert haben. Dann wird der Eingabeprozess schnell mühsam und die zuständigen Software Entwickler müssen den Bot immer wieder „glattziehen“, damit dieser arbeitsfähig bleibt.
Immerhin erfordern bestimmte fachliche Situationen der Geschäftsprozess Automatisierung ein nachhaltig positives Aufwand-Nutzen Verhältnis – und damit smartere Vorgehensweisen. Dann schlägt wiederum die Stunde von Business Process Automation. BPA ist nicht nur für komplexere Lösungen gedacht; die Disziplin automatisiert mehrphasige Transaktionen an mehreren beteiligten Geschäftssystemen.
Martin Schmalfuß ist Principal Developer für Robotic Process Automation bei der auf die Versicherungswirtschaft fokussierten Technologieberatung IKOR. Laura Spieß arbeitet als Senior Consultant für Prozessoptimierung bei der Unternehmensschwester ADWEKO, einer Technologieberatung im Banken- und Finanzsektor. Beide Unternehmen agieren unter dem Dach der X1F Group.
Da geht noch mehr: Wenn Python-Skript oder Schnittstelle den Bot ersetzen
Doch ab wann steigt die Komplexität derartig stark an, dass es sinnvoll ist, statt eines Bots eine Schnittstelle aufzubauen? Sprich: Was bedeutet „die perfekte Lösung“ im Sinne von Versicherungen und ganzer Organisationen? Wann stellt ein Bot tatsächlich für Einzelaufgaben und Tätigkeiten die beste Lösung (siehe Beitrag „Robotic Process Automation: Wo RPA sinnvoll eingesetzt ist – und wo nicht“ in Ausgabe 17 der Themendossiers)? Wann ist hingegen – je nach Anwendungsfall – das Python Skript schneller und effektiver als ein Bot?
Zur Einordung: BPA adressiert anspruchsvolle Herausforderungen. Die Disziplin hilft, komplexe Workflows, die verschiedene Systeme und Abteilungen durchlaufen, miteinander zu verzahnen und diese Prozessketten zu optimieren. Python-Skripte oder spezifische Schnittstellen können Bots dabei ersetzen. Damit eröffnet sich eine breitere Palette von Automatisierungsmöglichkeiten. BPA steht hierbei für eine umfassende Lösung, damit Unternehmen ihre operativen Abläufe effizienter und End-to End-integriert gestalten. Dies wiederum unterstützt langfristige Geschäftsziele.
Wie BPA und RPA Synergien schaffen
Dank der Kombination von Robotic- und Business Process Automation weiten Versicherer ihr Spektrum an Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten nicht nur aus. Sie reduzieren auch die Fehleranfälligkeit ihrer Prozesse. Komplexe Geschäfts- und Versicherungsprozesse lassen sich nahtlos integrieren. RPA ist also als Teil von BPA-Lösungen im Einsatz, während BPA den gesamten Prozessablauf überwacht und steuert.
Eine umfassende Automatisierung gelingt jedoch erst über einen integrativen Ansatz. Dieser wirkt sich nützlich auf die Gesamtleistung und die Wettbewerbsfähigkeit aus. Die strategische Implementierung von RPA und BPA senkt nicht nur Kosten. Assekuranzen verbessern auch die Qualität ihrer Dienstleistungen. Immerhin entlastet Prozessoptimierung Mitarbeitende von repetitiven Aufgaben und schafft so Raum für kreativere und strategische Aufgabenfelder.
Beispielprozesse | Wie sich BPA und RPA im Versicherungsgeschäft einsetzen lassen
Business Process Automation (BPA)
- Automatisierte Datenerfassung von Schadeninformationen aus Online-Formularen
- Unterstützung bei der Dokumentenprüfung und -verarbeitung
- Integration von Daten in das interne Versicherungssystem
- Unterstützung von Mitarbeiterentscheidungen durch Bereitstellung relevanter Informationen
- Prozess-Lebenszyklus umfasst Anforderungserfassung, Genehmigung, Ausführung, Überwachung und Berichterstattung.
- Standardisierung und Automatisierung senken Compliance-Risiken: Konsistente Ausführung und Einhaltung interner Richtlinien bzw. externer Vorschriften
Robotic Process Automation (RPA)
- Durchführung von Datenabgleich und -verarbeitungsaufgaben
- Automatisierte Kommunikation mit dem Versicherungsnehmer zur Benachrichtigung über Entscheidungen und Schadenfallabschlüsse
- Effizienzsteigerung: RPA reduziert die Fehlerquote, verkürzt die Bearbeitungszeit und entlastet Mitarbeitende von Routinen
- Skalierbarkeit bei saisonalen Lastspitzen (etwa Kfz-Versicherung): Bots lassen sich bei hoher Arbeitslast skalieren (zusätzliche Roboter, keine zusätzliche Infrastruktur oder Schulungen erforderlich)
Kognitive RPA: Künstliche Intelligenz hebt RPA auf das nächste Level
Weil RPA auf unstrukturierte Datentöpfe zugreift und die robotische Disziplin so an ihre Grenzen gerät, hilft auch hier ein integrativer Ansatz: Künstliche Intelligenz (KI), die mit unstrukturierten Daten umgeht, bietet in Verbindung mit RPA neue Möglichkeiten: Durch den Einsatz von KI-Methoden wie Natural Language Processing (NLP, Verständnis natürlicher Sprache) und Optical Character Recognition (OCR, Texterkennung) analysiert RPA nicht nur Texte. Sie extrahiert auch Informationen und erfasst und verarbeitet Daten automatisch und effizienter.
Dies gilt auch für unstrukturierte Daten aus verschiedenen Quellen – etwa Dokumente, E-Mails oder Websites. Eine mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz geschaffene kognitive RPA interpretiert Inhalte von Textdokumenten automatisiert und menschenähnlich. Kognitive RPA ist außerdem fähig, natürliche Sprache zu analysieren, um auf dieser Grundlage intelligente Entscheidungen zu treffen.
Fazit: Anspruchsvollere Automatisierungs-Aufgaben, die bisher menschliches Eingreifen erforderten, bewältigen fortan intelligente Systeme. Anstatt Prozesse klassisch abzubrechen, reagieren „aufgeschlaute“ und KI-„gepimpte“ Bots auch auf veränderte Rahmenbedingungen. Dadurch sind weniger manuelle Eingriffe erforderlich. Die Effizienz steigt. Mitarbeitende werden entlastet und können sich auf anspruchsvollere, strategischere Aufgaben zu konzentrieren.
Mit der Kombination von BPA und RPA werden Assekuranzen bei ihren Prozessen agiler und innovativer; sie passen sich flexibler an sich stetig wandelnde Markt- und Kundenanforderungen an. Die Stärken von BPA liegen dabei in der präzisen und effizienten Bewältigung End-to-End-integrierter und damit komplexer Prozessketten. So gelingen reibungslose Interaktionen zwischen verschiedenen Automatisierungslösungen, die die Potenziale noch weiter heben können. Insbesondere für dynamische Geschäftsprozesse ergeben sich neue Skalierungsmöglichkeiten. Und: Abläufe lassen sich derart optimieren, dass die Wettbewerbsfähigkeit steigt.
Der Beitrag ist im „Versicherungsforen Themendossier 21/2023“ von November 2023 erschienen